Eberswalde
(MOZ) Herr Mahling, in Kürze beginnen wieder die Info-Veranstaltungen
für die Sechstklässler. Was raten Sie den Mädels und
Jungen?
Mahling: Erst einmal sind das Nichtpassieren der Schulentwicklungsplanung
für den Kreis und der Erhalt der fünf kreislich geführten
Gymnasien als zwei völlig getrennte Vorgänge zu betrachten.
Die Schulentwicklungsplanung ist Sache des Kreises nach dem Brandenburgischen
Schulgesetz. Obwohl durch den Bildungsausschuss eine positive Empfehlung
zur Annahme vorlag, bemängelten die Abgeordneten des Kreistages
offensichtlich die fehlenden klaren Aussagen zur Perspektive einzelner
Standorte. Regionale und kommunale Befindlichkeiten gaben wohl den
Ausschlag. In puncto Erhalt der Gymnasien indes ist der Kreis als
Schulträger gefragt, so wie die Stadt Eberswalde z. B. bei der
Gesamtschule Mitte. Für diesen zweiten Beschluss gab es klare
Aussagen zur Gestaltung der Zügigkeiten. Er wurde nicht zur Abstimmung
gestellt, da mit dem abgelehnten Entwicklungsplan den Abgeordneten
die Grundlage fehlte. Für mich ist das nicht nachvollziehbar,
da hier die einzig klar definierten Entwicklungen benannt wurden.
Damit ist nicht nur die Entwicklung des Gymnasiums Finow wieder offen,
sondern auch aller weiteren Schulen des Kreises. Unsere Situation
hat sich dadurch überhaupt nicht geändert. Ob eine Schule
auf Dauer Bestand hat, entscheiden letztlich die Anmeldungen.
Aber zu Ihrer konkreten Frage: Ich rate den Mädchen und Jungs
- hoffentlich in Übereinstimmung mit ihren Eltern -, sich an
der Schule zu bewerben, an der sie ihre speziellen Fähigkeiten,
Leistungen und Neigungen am besten glauben verwirklichen zu können.
Zum Halbjahr der 6. Klasse eine wahrhaft hellseherische Fähigkeit.
Die Eltern wollen natürlich wissen, ob ihr Kind, wenn
sie es am Finower Gymnasium amnelden, dort auch noch ihr Abitur machen
kann.
Selbstverständlich können Bewerbungen zum Schuljahr
2003/04 ans Finower Gymnasium gerichtet werden. Und natürlich
werden die Schüler, die ein begründetes Schulverhältnis
mit uns eingehen, auch hier das Abitur ablegen. Diese Leistung kann
uns niemand abnehmen! Im Übrigen sind wir optimistisch, dass
das spezielle, attraktive Bildungsangebot der Schule und das oft hervorgehobene
Schulklima auch für diesen Bewerberkreis interessant ist.
Mit welchen Besonderheiten wirbt denn das Finower Gymnasium?
Wie sieht das Profil Ihres Hauses aus? Legen die Schüler ein
vollwertiges Abitur ab?
Die Vollwertigkeit des Abiturs ist durch die gesetzlichen Bestimmungen
gesichert. Die Besonderheiten, das Profil der Schule ist letztlich
„nur" das Ergebnis eines längeren Prozesses der Selbstfindung.
So präsentiert sich das Finower Gymnasium als „weltoffene
Schule mit sprachlicher Orientierung". Dabei ist die Weltoffenheit
als grundsätzliches Prinzip zur Vermittlung von Werten und Normen
zu verstehen. Die sprachliche Orientierung profiliert die Schule alternativ
zum Alexander -von-Humboldt-Gymnasium Eberswalde. Unsere Schulpartnerschaft
mit dem Kinderzentrum Alegria in Luanda (Angola)
dokumentiert unsere besonderen Aktivitäten im Rahmen der Nord-Süd-Problematik.
Entwicklungshilfe verstehen wir als persönliche Möglichkeit
des aktiven Mitwirkens. Die sprachliche Orientierung versteht sich
vor allem als qualitativer Anspruch. Wir bieten als 2. Fremdsprachen
Französisch, Russisch und Spanisch. Letzteres wird übrigens
von einem Muttersprachler unterrichtet. Die 1. Fremdsprache Englisch
wird z. B. in Klasse 7 hundertprozentig geteilt unterrichtet, um durch
kleinere Gruppen eine bessere Angleichung der Lernvoraussetzungen
zu schaffen. In Klasse 8 wird eine Wochenstunde pro Klasse leistungsdifferenziert
unterrichtet. Als 3. Fremdsprache bieten wir Latein an. Und beim Ubergang
von Klasse 10 nach 11 können die Schüler eine neubeginnende
Fremdsprache, alternativ zur Entscheidung in Klasse 7, belegen. Darüber
hinaus gibt es eine abweichende inhaltliche Organisation des Wahlpflichtunterrichts
ab Klasse 9 und eine Vielzahl von Arbeitsgemeinschaften und Aktivitäten,
die diesem Profil angepasst sind.
Es ist ja kein Geheimnis: Die „Aufnahmebedingungen"
für den Besuch eines Gymnasiums sind in der Region unterschiedlich.
Während in Eberswalde ein Notendurchschnitt von mindestens 2,0
erwartet wird, kommt man in der Uckermark unter Umständen noch
mit 2,5 ran. Auch das ist sicher eine Folge sinkender Schülerzahlen.
Einerseits dürften Schulträger und Schulleitungen natürlich
nicht daran interessiert sein, dass potentielle Schüler abwandern.
Andererseits gilt es auch, ein bestimmtes Niveau zu halten. Wie gehen
Sie dieses Problem an?
Der Notendurchschnitt zum Bewerbungszeitraum ist sicher ein wichtiges
Indiz für eine Eignung oder Nichteignung. Trotzdem lässt
sich, wie schon gesagt, die Entwicklung eines Kindes nicht so einfach
vorherbestimmen. Zumal die Erfahrungen besagen, dass die Note 1 der
Grundschule x nicht gleichwertig der Note 1 der Grundschule y sein
muss. Wichtig ist doch eigentlich, dass die Schüler , über
Leistungen und Fähigkeiten verfügen, die einen erfolgreichen
Abschluss am Gymnasium möglich erscheinen lassen. Die Neigungen
entscheiden die Wahl der konkreten Schule und die Eltern sind sich
sicher, dass sie ihren Kindern die notwendigen Anstrengungen zutrauen
und dass sie bereit sind, intensiv mit der Schule zusammenzuarbeiten.
Hier muss es in Zukunft ganz einfach auch schicklich sein, das oft
proklamierte offene Schulsystem in Brandenburg auch wirklich mit Leben
zu erfüllen.
Nochmal zurück zur Frage der Zügigkeit von Gymnasien.
In der Öffentlichkeit ist u. a. davon die Rede, dass ein zweizügiges
Gymnasium das Kurssystem jetziger Prägung nicht realisieren könnte.
Können Sie diesem Argument, das mit zur Ablehnung der Schulentwicklungsplanung
geführt hat, folgen?
Wenn es statt vier oder fünf Klassen pro Jahrgangsstufe nur
noch zwei gibt, muss das natürlich irgendwo zu Abstrichen an
der Quantität führen. Sprich: Die Zahl der Kurse würde
sich sicher verringern. Aber die neue GOST Verordnung (Verordnung
für die gymnasiale Oberstufe - d. Red.) schränkt die Wahlmöglichkeiten
der Schüler ohnehin ein. Es sind mehr Pflichtbelegungen vorgeschrieben.
Aber unabhängig davon: An der Qualität der Ausbildung, des
Unterrichts gibt es keine Abstriche. Im Übrigen halte ich es
prinzipiell für besser, wenn es Alternativen gibt. Zwei Gymnasien
sind besser als eins.
Das
Gymnasium Finow in der Fritz-Weineck-Straße, 1991 gegründet,
zählt derzeit rund 780 Schüler. Die werden von 50 Pädagogen
unterrichtet. Das Gymnasium ist vierzügig. Am 8. März 2003
sind Sechstklässler und deren Eltern von 9 bis 12 Uhr zum Tag
der offenen Tür eingeladen.
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